Eine Rückschau auf zwei Jahre voller Emotionen, Entfaltung, Selbstfindung und der Verarbeitung dessen in einer konzeptualisierten Gesamtheit.
Fest zu stellen, dass man kreativ etwas Schaffen möchte und ein besonderes Interesse sowie Auge für Mode und Textilien, Farben und Formen hat, ist eine Sache. Die andere ist, genau jenes Talent und jene Begeisterung gemeinsam mit Wissen und Können in einen inhaltlichen Kontext zu stellen, um daraus resultierend, ein Bild, eine Linie, eine Kollektion zu erzeugen.
Was ich hiermit in anderen Worten sagen will, ist, dass meine Begeisterung für ein Zusammenspiel von Formen und Materialien sowie der Drang, etwas handwerklich Schaffen zu wollen, den Grundstein gelegt haben, aber erst die Ausbildung an der Herbststraße den Begriff Mode inhaltlich für mich bedeutend und ansatzweise nachvollziehbar gemacht hat. Warum ansatzweise? – Weil, eines von vielen Dingen, die ich während meiner 2-jährigen (Aus-)Bildung gelernt habe, jenes ist, dass nicht nur Bildung ein ständiger Prozess ist und man nie ausgelernt hat, sondern auch Mode – sei es nun auf den Trend, das Design, die Schnittfindung, die Verarbeitung oder die Präsentation bezogen – einen allumfassenden, in sich komplexen Prozess darstellt, der sich immer mehr öffnet, je mehr man in ihn eintaucht.
Mein Eintauchen hat mir in diesen 2 Jahren Vieles eröffnet und Vieles gezeigt. Ich habe mich selbst besser kennen gelernt, meine Grenzen, aber auch meine Möglichkeiten erfahren – diesen Erfahrungs- und Experimentierraum, der mir im Rahmen dieser Ausbildung von Seiten der Lehrenden immer wieder zur Verfügung gestellt wurde, weiß ich aus heutiger Sicht besonders zu schätzen, da ich so in einem geschützten Rahmen immer mehr meine Linie gefunden habe. Leicht war es ganz bestimmt nicht immer, denn das Arbeiten unter enormen Stress ist rasch zur Gewohnheit geworden und die über 40-Stunden-Woche mit den ein oder anderen Nachtschichten, besonders vor Abgabeterminen und Tests, ist mehr als einmal vor mir gelegen. Dennoch habe ich die Herbststraßenzeit als eine der schönsten und für mich bereicherndsten Zeiten in Erinnerung, was nicht nur aus der fachlich vermittelten Ebene resultiert, sondern auch aus der sozialen. Denn das Zusammenkommen von über 20 Studierenden, die alle individuell und einzigartig waren, hat einerseits eine enorme Plattform für den kreativen Austausch und unterschiedliche Herangehensweisen mit sich gebracht und andererseits den notwendigen Rückhalt und die Stärkung durch zwei Jahre voller Herausforderungen. Auch die Lehrenden seien an dieser Stelle nicht zu vergessen, denn die meisten haben letztendlich, neben der fachlichen Kompetenz, die sie mitgebracht haben, mit ihrem meist kollegialem und freundschaftlichen Zugang den Studierenden gegenüber den besonderen Charme der Herbststraße ausgemacht und meiner Ansicht nach somit verstärkt vermittelt, das Bildung und Lernen, trotz hoher Anforderungen und Stresspotential, Spaß machen kann.
Was hat es nun aber mit der Entfaltung und der konzeptualisierten Ganzheitlichkeit auf sich?
Zu lernen, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen, seine Umwelt und die Gesellschaft, von der man aktuell umgeben ist, zu beobachten und Trendströmungen zu erkennen und in einen Kontext setzen zu können sowie zu benennen, stellen den Beginn einer entstehenden Kollektion dar. Diese Entfaltung aller Sinne, dieses intensive Wahrnehmen der Umgebung ist im Sinne einer Kollektionsplanung aber nur dann zielführendl, wenn man gelernt hat, sich einen Aspekt aus der sich darbietenden Vielfalt heraus zu suchen und sich in weiterer Folge von diesem Aspekt ausgehend durch Recherche zu einer Kollektionsidee empor arbeitet, die schließlich in die Entwurfs- und Designarbeit mündet. Dieser erste wichtige Abschnitt des Prozesses ist bereits von Überlegungen zu Materialidentität, Schnittführung, Verarbeitung und Präsentation begleitet. Ein Konzept ist entstanden durch eine ganzheitlich orientierte Herangehensweise, die versucht, alle wichtigen Elemente gedanklich möglichst von Anfang an mit einzubeziehen. Das Konzept zu einer Kollektion dient, meiner Meinung nach, als unabdingbarer roter Faden und Wegbegleiter, der durch die Materialauswahl, die Schnittkonstruktion, den Verarbeitungsprozess und die Präsentation führt.
So kann ich doch behaupten, dass mir 2 Jahre Herbststraße den Prozess Mode eröffnet haben und das äußerst fundiert, ich mir aber niemals anmaßen würde zu sagen, dass ich den Modebereich in all seinen Facetten erfasst habe. Dennoch hat mich die Zeit an der Herbststraße einen guten und notwendig vielfältigen Einblick in die Modewelt gelehrt, mir grundlegende technische Kompetenzen vermittelt, mein konzeptualisiertes und ganzheitliches Denken gefördert und meine Wahrnehmung sensibilisiert.
Gegenwärtig weiß ich, dass in der beruflichen Praxis manches anders läuft, als ich es damals während der zwei Jahre gelernt habe, dennoch ist es, meiner Ansicht nach, notwendig, ein grundlegendes Wissen in allen fachspezifischen Bereichen zu haben, um reflektierter und professioneller an die Erarbeitung einer Kollektion herangehen zu können – denn nur wer die Regeln kennt, kann auch bewusst andere Wege gehen.
Katharina Amenitsch hat das Kolleg für Mode-Design-Textil im Jahr 2011 abgeschlossen und hat sich inzwischen im Bereich Modedesign selbständig gemacht.